Projekte

„the set, the double, the stand-in, the prop", Jann Haworth im Gespräch mit Jo Applin – mumok, Wien

4. September 2025

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Die Künstlerin Jann Haworth spricht mit Kunsthistorikerin Jo Applin über ihre Praxis, mit Fokus auf die „Soft Sculptures”, zu denen auch ihre Arbeit Snake Lady (1969–71) zählt. Eng assoziiert mit britischer Pop Art und dem Zeitgeist des Swinging London der 1960er Jahre, greifen Haworths Werke sowohl Produktionsprozesse des Hollywoodfilms auf, als auch Techniken häuslicher Textilarbeit. So gehört ihre textile Skulptur Old Lady(1962) zu einer Handvoll von Darstellungen weiblicher Figuren auf dem Cover des berühmten Beatles-Albums „Sgt Pepper’s Lonely Hearts Club Band“, das Haworth gemeinsam mit dem britischen Künstler Peter Blake gestaltet hatte. Von den 1960er Jahren bist heute liegt Haworths Praxis ein de-hierarchisiertes Verständnis künstlerischen Handelns zu Grunde. Dieses kommt nicht nur in ihrem Interesse an pop-kulturellen Themen und alltäglichen Situationen, „Low Art“-Materialien wie Stoff, Vinyl oder Karton, und handwerklichen Techniken wie Nähen oder Patchwork zum Ausdruck, sondern auch in kollaborativen Projekten, die mit unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen realisiert werden.

Jann Haworths Snake Lady wurde von der Österreichischen Ludwig-Stiftung 2021 angekauft und befindet sich als Dauerleihgabe im mumok. Die Arbeit ist bis 7. September 2025 in der Sammlungsausstellung „Mapping the 60s” im mumok zu sehen.

Jo Applin ist Walter H. Annenberg Professorin für Kunstgeschichte am Courtauld Institute in London. Sie ist Mitherausgeberin des Oxford Art Journal und verfasste mehrere Publikationen, unter anderem zu Lee Lozano: Not Working (Yale University Press, 2018), Eccentric Objects: Rethinking Sculpture in 1960s America (Yale University Press, 2012) und Yayoi Kusama: Infinity Mirror Room-Phalli’s Field (Afterall and MIT Press, 2012). Aktuell schreibt sie zum Thema Kunst und Altern seit den 1960er Jahren und befasst sich dabei auch mit den „Soft Sculptures“ von Haworth.

Jann Haworth arbeitet seit den 1960er Jahren als Künstlerin und Pädagogin in Großbritannien sowie den USA. Seit 1997 realisiert Haworth gemeinsam mit Liberty Blake eine Reihe pädagogischer Projekte. Dazu gehören die Schaffung von Kunsteinrichtungen: eine kunstbasierte Charter School; The Recycling Hot Glass Studio, Sundance, Utah; Arts Lab, The Leonardo, Utah; und zuletzt das Work in Progress-Projekt (2016 bis heute). Das Projekt von Wandbildern besteht aus Druckgrafiken, die in Workshops gemeinsam mit verschiedenen Gesellschaftsgruppen entstehen und im Anschluss von Liberty Blake auf Tafeln collagiert werden. Das Wandbild besteht aktuell aus 24 Tafeln und umfasst eine Länge von 30m. Haworths Werke sind in internationalen Sammlungen vertreten, darunter mumok, Wien; Ludwigforum Aachen, Deutschland; Pallant House Gallery, Chichester und Tate, Großbritannien; Hirshhorn Museum, Washington DC und Walker Art Center, Minneapolis, USA. Ihre Arbeiten wurden seit den 1960er Jahren in Gruppen- und Einzelausstellungen gezeigt, u. a. Gazelli Art House, London und Pallant House Gallery, Chichester, Großbritannien; Louis Vuitton Foundation, Paris und MAMAC, Nizza, Frankreich; MORE Museum, Gorssel, Niederlande; mumok und Kunsthalle, Wien.

Mit herzlichem Dank an mumok

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Research Season „Beside, not infinite”
2025/26

„Beside, not infinite” ist ein sammlungsbezogenes Projekt der Österreichischen Ludwig-Stiftung, das als Research Season für 2025/26 konzipiert wurde. Im Rahmen diverser Veranstaltungen, eines Reise- und Recherchestipendiums und einer abschließenden Publikation befasst sich „Beside, not infinite” mit sieben künstlerischen Arbeiten aus den Sammlungsbeständen der Stiftung. Diese wurden im Laufe der letzten zehn Jahre auf Vorschlag der vier österreichischen Bundesmuseen Albertina, Belvedere, MAK und mumok angekauft und deren öffentlichen Sammlungen als Dauerleihgaben zur Verfügung gestellt.

Die für das Projekt ausgewählten Werke von Yto Barrada, Rosemarie Castoro, Sonia Gomes, Jann Haworth, Lee Lozano, Julie Mehretu und Ingrid Wiener fungieren als materielle und diskursive Knotenpunkte, die den wissenschaftlichen Austausch, den „Beside, not infinite” initiieren möchte, in den Sammlungsbeständen verorten. Es soll ebenso die Möglichkeit eröffnet werden, die Sammlung im Kontext aktueller Debatten über künstlerische Praktiken und (kunst-) wissenschaftliche Diskurse neu zu betrachten.

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Für den inhaltlichen Austausch im Rahmen des Projekts hat die Österreichische Ludwig-Stiftung internationale Wissenschaftler:innen als Advisory Group eingeladen:

Jo Applin, Walter H. Annenberg, Professor in the History of Art, The Courtauld Institute of Art, London // Ana Gonçalves Magalhães, Professor of Art History, University of São Paulo // Christian Liclair, ehemaliger Chefredakteur, Texte zur Kunst, Berlin // Tina Post, Associate Professor, Department of English, University of Chicago // Barbara Reisinger, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für Kunstgeschichte, Universität Stuttgart // Mike Sperlinger, Professor of Writing & Theory,  Oslo Academy of Fine Art // Alena Williams, Professorin für Theorie und Vermittlung von Gegenwartskunst, Akademie der Bildenden Künste Wien

Konzept: Bettina Brunner, wissenschaftliche Geschäftsführerin, Österreichische Ludwig-Stiftung

Festtagung zum vierzigjährigen Jubiläum „Ästhetik, Ethik, Identität – Museum des 21. Jahrhunderts“, mumok, Wien

19. und 20. November 2021

Mit Blick auf die vierzigjährige Geschichte der Österreichischen Ludwig-Stiftung und deren Aufgabe, künstlerische Arbeiten für die österreichischen Bundesmuseen zu fördern und anzukaufen, widmete sich die Festtagung den gegenwärtigen und künftigen Perspektiven musealer Sammlungen. Entsprechend dem wachsenden ästhetischen und institutionellen Bewusstsein um die Notwendigkeit einer inklusiveren, d.h. soziokulturelle Vielheit berücksichtigenden Sammlungspraxis adressierten die Vorträge und Diskussionen zentrale, von Kontroversen geprägte Stichworte wie Transkulturalität, Diversität, kulturelles Erbe und deren Spannungsverhältnis zu Globalisierungsprozessen. Die Stiftung konnte mit den Künstler:innen Tania Bruguera und Florian Pumhösl sowie den Museumsleiter:innen und Kurator:innen Brigitte Franzen, Ana Gonçalves Magalhães, Max Hollein, Christian Kravagna, Mahret Ifeoma Kupka, Matthias Michalka, Susanne Titz und Luisa Ziaja Gesprächspartner:innen gewinnen, die in den vergangenen Jahren wesentlich zur historisch-kritischen Neukonzeption von Sammlungsagenden beigetragen haben.

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Tag 1

Tag 2 Teil 1

Tag 2 Teil 2

Publikationen

Österreichische Ludwig-Stiftung für Kunst und Wissenschaft (Hg.), Aesthetics, Ethics, Identity – Museum of the 21st Century, 40th Anniversary Symposium, Tagungsband, 2022

Die Publikation vereint Vorträge der Festtagung zum vierzigjährigen Bestehen der Österreichischen Ludwig-Stiftung, die sich mit den aktuellen und zukünftigen Perspektiven von Museumssammlungen befassten. Mit Beiträgen von den Künstler:innen Tania Bruguera und Florian Pumhösl sowie den Museumsdirektor:innen und -kurator:innen Brigitte Franzen, Max Hollein, Christian Kravagna, Mahret Ifeoma Kupka, Ana Gonçalves Magalhães und Susanne Titz.

Österreichische Ludwig-Stiftung für Kunst und Wissenschaft (Hg.), Aesthetics, Ethics, Identity – Museum of the 21st Century, 40th Anniversary Symposium, Tagungsband, Wien: Schlebrügge.Editor 2022, 143 Seiten (nur in englischer Sprache erhältlich).

ISBN 978-3-903172-96-8

Pia M. Theis, Die Sammlung der Österreichischen Ludwig-Stiftung 1981–2011, 2011

1977 zeigte das Wiener Künstlerhaus Gegenwartskunst aus der Sammlung des Aachener Ehepaares Peter und Irene Ludwig, hauptsächlich Werke der Pop Art und des Foto- bzw. Hyperrealismus der 1960er und 1970er Jahre. Im Anschluss daran und unter Einbringung von rund 130 Kunstwerken aus der Sammlung Ludwig erfolgte 1981 die Gründung der Österreichischen Ludwig-Stiftung für Kunst und Wissenschaft, mit dem Ziel „zu einer Neukonzeption der Darstellung der Moderne in den österreichischen Bundessammlungen“ beizutragen. Durch jährliche Ankäufe und die Schenkung weiterer 100 Kunstwerke aus der Sammlung Ludwig wurde der Bestand der Österreichischen Ludwig-Stiftung bis 2011 nahezu um das Siebenfache erhöht. Anlässlich des dreißigjährigen Bestehens der Österreichischen Ludwig-Stiftung im Jahr 2011 wurde die hochkarätige Sammlung internationaler Kunstwerke, vor allem Arbeiten aus der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart, in dieser Publikation erstmals in ihrer Gesamtheit vorgestellt.

Pia M. Theis, Die Sammlung der Österreichischen Ludwig-Stiftung 1981–2011, Petersberg: Michael Imhof Verlag 2011, 430 Seiten (nur in deutscher Sprache erhältlich).

ISBN 978-3-86568-689-3